Kerbs Tag
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Viac o knihe
Eine Wohnungstür ist ein bisschen wie eine Bettdecke. In der Wohnung ist es stockfinster. Die Fenster sind zugeklebt. Aus der Konkursmasse einer bankrotten Filmfirma hatte er Fotoprospekte erworben, gardinengeschmückte Altbaufenster und von außen an die Scheiben geklebt. Seine zweite Bettdecke. Die Neonröhre in der Küche speit erste Blitze. Kerb stellt die Flaschen auf den Tisch. Schlendert ins Arbeitszimmer, knipst die Halogenlampe am Schreibtisch an. Die Schreibmaschine steht wie ein Ausstellungsstück. Die kühle unnahbare Carina zwo. Steht da wie die beleidigte Hausfrau. Der personifizierte Vorwurf. Der eingespannte Papierbogen schimmert sehr weiß. Beinern. Kerb auf der Suche nach dem ersten Satz seines Buches. Tut sich schwer. Heute muss es gelingen. Wird es gelingen. Schließlich ist das der Grund für sein zeitweiliges Exil: das Buch. Kerb wird über Kerb schreiben. Über sich, Kerb. Das Naheliegende. Ohne Lamento. Hier und heute. Alle schreiben über sich. Thomas Mann, Hermann Hesse, Fallada. Sein Kopf ist voll. Er muss das loswerden. Emotional kontrolliert. Schreibt man sein Grübeln auf, ist man nicht mehr allein und hat das Gefühl, jemand hört zu. Ein Anfang muss her, dann läuft’s von selbst. Kerb geht zum Schreibtisch. Nur Psychiater haben derart leere Tische. Der Korbstuhl ist ungeeignet zum Schreiben. Viel zu tief. Und er braucht eine steilere Rückenlehne. Wegen der vermaledeiten Bandscheibe. Man müsste eine Decke besorgen. Zusammengelegt bietet sie den entsprechenden Halt. Am besten notieren. Kerb ist in letzter Zeit vergesslich geworden (Lisa war immer sein Gedächtnis) Warum ruft Lisa nicht wenigstens an? Der AB ist geschaltet. Auch wenn Kerb zu Hause ist. So gestattet er sich die Freiheit zu entscheiden. Was wünscht man so einem zum Geburtstag? Wie wird sie sich rauswinden? Kerb wüsste schon, zu was er sich gratulieren könnte. Zu diesem exorbitanten Wein beispielsweise: Corbieres Superieur. Leider geht auch diese Flasche bald zur Neige.