Ernst Grünfeld - ein Pionier der Genossenschaftsforschung
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Ernst Grünfeld (1883-1938) war der erste und bis heute einzige ordentliche Professor für Genossenschaftswesen an einer deutschen Universität. 1929 in Halle zum Ordinarius berufen, blieben ihm nur vier kurze Jahre, bis die Nationalsozialisten ihn im Frühjahr 1933 wegen „politischer Betätigung“ entließen. Von 1923 bis 1933 stand Grünfeld dem 1911 gegründeten Seminar für Genossenschaftswesen der Hallenser Universität vor. Unter seiner Führung gelangte diese älteste Einrichtung ihrer Art in Deutschland zu großer Blüte. Gestützt auf Internationalität, Interdisziplinarität und Praxisbezug ließ Grünfeld das Seminar zu einer – auch international – anerkannten Stätte genossenschaftswissenschaftlicher Forschung und Lehre werden. Das im Jahre 1996 gegründete Institut für Genossenschaftswesen an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sah sich zwar in der Tradition des 1911 gegründeten Seminars. Allerdings spielte Grünfelds Erbe dabei ebenso wenig eine Rolle, wie dies bei der „Jubiläumsgründung“ der Interdisziplinären Wissenschaftlichen Einrichtung Genossenschafts- und Kooperationsforschung (IWE GK) im Jahre 2011 der Fall war. Erst eine 2017 durch die IWE GK initiierte Fachtagung in Halle rückte dezidiert Ernst Grünfelds Werk und Wirken in den Fokus. Der vorliegende Band enthält die meisten der dort gehaltenen Vorträge. Der die Beiträge umspannende Bogen ist weit, die Vielfalt der Themen und Herangehensweisen groß. Dies ist kein Zufall, denn: Grünfelds Selbstverständnis als „Sozialökonom“ ließ ihn sehr offen an das Erfahrungs- und Erkenntnisobjekt „Genossenschaft“ herangehen: Volks- und betriebswirtschaftliche ebenso wie soziologische, juristische und historische Forschung standen für ihn gleichberechtigt nebeneinander. Entsprechend vielfältig in Gegenstand und Methode sind die von Grünfeld gebotenen Anknüpfungspunkte. Grünfelds Schriften dokumentieren, dass er Vieles angelegt und vorgedacht hat, was Jahrzehnte später zum Mainstream genossenschaftswissenschaftlicher Forschung werden sollte. Er ist ein Pionier des Genossenschaftswesens, dessen Person, Schicksal und Werk höchsten Respekt verdienen und uns – zumal in Halle - Erbe und Auftrag sein sollten. Möge dieses Buch seinen bescheidenen Beitrag leisten und zu weiteren, vertiefenden Studien auf dem von Grünfeld bereiteten Feld anregen.