Verwaiste Werke - die Schrankenregelung der §§ 61 ff. UrhG
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Viac o knihe
Um die aktuellen technischen (Digitalisierungs-)Möglichkeiten auch für den Bildungs- und Arbeitsalltag ausschöpfen zu können und zu Zwecken der nachhaltigen Konservierung und Bewahrung kultureller Güter werden derzeit gesamte Bibliotheksbestände digitalisiert, um sie anschließend in Online-Bibliotheken zugänglich zu machen. Ein besonderes Problem bei dem Aufbau solcher virtueller Bibliotheken stellt der Umgang mit sogenannten „verwaisten Werken“ oder „Waisenwerke“ dar. Es handelt sich dabei um Werke, die dem urheberrechtlichen Schutz unterliegen, deren Rechteinhaber jedoch nicht bekannt oder trotz gründlicher Suche nicht auffindbar ist bzw. sind. Ohne Zustimmung des Rechteinhabers und damit ohne Rechteklärung dürfen diese Werke nicht genutzt werden, weder analog noch digital. Das Problem der verwaisten Werke ist unbefriedigend, weil es den Zugriff auf Werke verhindert, ohne dem Rechteinhaber zu nützen. Die Diskussion, ob und in welchem Rahmen verwaiste Werke zugänglich gemacht werden sollten, ist einerseits geprägt von dem legitimen Wunsch, kulturelle Güter zugänglich zu machen, andererseits wecken „verwaiste“ Kulturgüter kommerzielle Begehrlichkeiten. Basierend auf der Richtlinie 2012/28/EU über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke ist in Deutschland mittlerweile die Schrankenregelung der §§ 61 ff. UrhG in Kraft getreten, die die Nutzung verwaister Werke unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Im ersten Teil der vorliegenden Untersuchung werden zunächst Inhalt und Reichweite der neuen Schrankenregelung eingehend untersucht. Im zweiten Teil wird dann die Vereinbarkeit der Schrankenregelung mit höherrangigem Recht geprüft. Dabei ist festzustellen, dass die Zugänglichmachung verwaister Werke dogmatisch betrachtet eine der derzeit größten Herausforderungen des Urheberrechts ist, da sie sowohl Fragen der Reichweite der urheberrechtlichen Verwertungsrechte als auch Fragen des Urheberpersönlichkeitsrechts im digitalen Zeitalter miteinander verknüpft. Untersucht wird daher im Besonderen, in welchen Verhältnis Verfügungs-, Vergütungs- und Urheberpersönlichkeitsrechte zukünftig zu dem immer größer werdenden Interessen der Allgemeinheit am Zugang zu Informationen stehen sollen.