In der Sackgasse oder auf dem Weg zu einem neuen Paradigma?
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Viac o knihe
Der Qing-zeitliche Roman Der Traum der roten Kammer (Hongloumeng 红楼梦) von Cao Xueqin 曹雪芹 hat das geistige Leben Chinas wesentlich geprägt. Der Roman gleicht einer Enzyklopädie des Geisteslebens und Alltags im Alten China. Er hat sogar einen eigenen Forschungszweig begründet: die ‚Rotologie’ (Hongxue 红学), die sich ausschließlich der Erforschung dieses Romans widmet. In den letzten Jahren herrschte in China ein regelrechtes ‚Rot-Fieber’, das zu einer Flut von Publikationen führte. Doch Quantität ist nicht gleich Qualität. Die heutige Rotologie sieht sich einem fundamentalen Zweifel ausgesetzt. Angesichts ihrer enormen Hochschätzung – oder Überschätzung? –werfen viele Gelehrte kritische Fragen auf: Hat die Rotologie ihren Namen und ihren Sonderstatus wirklich verdient? Wo steht die Rotologie heute? Diese Fragen werden mit umso größerer Schärfe gestellt, als sich der chinesische Wissenschaftsbetrieb zunehmend verwestlicht. Juan Cao betrachtet in ihrer Studie die Entwicklung der Rotologie, vor allem in den letzten Jahren. Nach einem Überblick über ihre Entwicklung und einer Einführung in ihre Begrifflichkeit kommt die Studie ausgehend von der jüngsten Debatte zu dem Ergebnis, dass die Rotologie sich im Umbruch befindet und zwar in einer durchaus konstruktiven Phase der Neuorientierung. Zwar stecken bestimmte traditionelle Forschungsschulen in einer Krise, nicht aber die Rotologie als solche. Das Verstehen eines Klassikers erschöpft sich niemals in „historische[n] Konstruktionen der vergangenen ‚Welt’, der das Werk zugehörte“ (Gadamer), sondern es ist auch und vor allem eine lebendige Begegnung, die nie zu einem Ende kommt. In diesem Sinne wird auch die Rotologie immer lebendig bleiben.