Staat und Recht im Werk Christoph Martin Wielands
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Die vorliegende Arbeit fragt nach dem Staats- und Rechtsverständnis des Spätaufklärers Christoph Martin Wieland. Anhand eines diachronen Längsschnitts durch sein publizistisches und literarisches Werk ist zu zeigen, daß Wieland im Verlauf einer langjährigen Beschäftigung mit seinem Erkenntnisgegenstand seine anfängliche Parteinahme für den spätabsolutistischen Obrigkeitsstaat aufgibt und sich in seinem Spätwerk für den liberalen Rechtsstaat einsetzt. Er nimmt keineswegs den ihm in der Sekundärliteratur vielfach zugeschriebenen metakritischen oder un politischen Standpunkt bei der Diskussion staatlicher und rechtlicher Fragen ein; ebensowenig „verfilzt“ sich sein Denken in späteren Jahren mit der Ideologie der überkommenen Feudalordnung. Vielmehr grenzt es sich in Übereinstimmung mit den Interessen eines nach originärer politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Geltung strebenden Bürgertums sowohl von den restaurativen Kräften des Ancien regime als auch von den besitzlosen „unterbürgerlichen“ Klassen ab. Staat und Recht haben für Wieland die Aufgabe, den einzelnen im Sinne des Humanitätsideals der Aufklärung zur sittlichen Vervollkommnung zu führen. Dieser von ihm als „Fortgang der Kultur zur Humanität“ beschriebene Zweck läßt sich für unseren Autor am besten durch eine konstitutionelle Monarchie verwirklichen. In seinen frühen politischen Schriften ist Wielands Bekenntnis zu dieser Staatsform allerdings in vielem noch von der Theorie des aufgeklärten Absolutismus beeinflußt. Weil der unmündige Bürger im absolutistischen Verständnis autoritär zu einer gemeinwohlkonformen Lebensführung zu erziehen ist, fehlen in Wielands Ausarbeitungen eines idealen Gemeinwesens staatszweck neutrale - und damit freiheitswahrende -Daseinsbereiche.