Stochastische Modellierung lexikalischer Evolutionsprozesse
Autori
Viac o knihe
Ein aus drei Ebenen bestehendes Modell bildet in dieser Arbeit die grundlegende Struktur für die Untersuchung der Sprachdynamik. Diese wird als Resultat der Wechselwirkung zwischen Sprache als einem selbstregulierenden System und seiner sich ebenfalls verändernden Umwelt formuliert. Als Analogon der Frequenz, die ja nur im Textrahmen definiert ist, wird die Disposition in Gestalt der Intensitätsrate eines stochastischen Zählprozesses eingeführt. Der Dispositionsbegriff erlaubt eine klare formale Trennung zwischen Text (Verwendungssphäre) und Sprachsystem (Eigenschaften des Inventars und der Elemente) sowie die explizite Repräsentation syntagmatischer Relationen. Der Begriff der Gleichgewichtsfunktion wird als präziser Ausdruck der alten Erkenntnis, dass Länge und Frequenz sprachlicher Einheiten negativ korrelieren, eingeführt. Die Gleichgewichtsfunktion kennzeichnet einen Strukturbruch im dynamischen Verhalten eines sprachlichen Systems. Sie ermöglicht, zusammen mit dem Dispositionsbegriff, die mathematische Untersuchung von sprachlichen Anpassungsprozessen als Reaktion auf exogene zufallsverteilte Störungen des Systems. Verschiedene Lösungsmöglichkeiten und Einflussfaktoren werden vorgestellt. Um das Verhältnis zwischen der Ausbreitung von Neuerungen im Kommunikationssystem (Piotrowskigesetz) und Frequenz bzw. Dispositionsünderungen zu klären, wird eine linguistische Zeitdimension definiert. Der Begriff der Anwendungsgelegenheit als Summe über die Dispositionen eines Ausdrucks und seiner Synonyme spielt hierfür eine grundlegende Rolle. Die Autorin versteht es, Sachverhalte und Probleme der Linguistik in formale Modellgestalt zu gießen, wobei teilweise beachtlicher Erklärungswert produziert wird. Hervorzuheben sind die mathematische Stringenz und die originellen Beiträge zur Begriffsbildung, die sich als wichtige Anstöße für weitere Forschung erweisen können.